Teil A der Abschlußprüfung: Betrieblicher Auftrag, Dokumentation und Fachgespräch

 

1. Definition

  • Durch die Formulierung betrieblicherAuftrag soll klar gestellt werden, daß es sich nicht um eine standardisierte, zentral erstellte Aufgabenstellung handelt, sondern es sollen die tatsächlichen Inhalte der betrieblichen Ausbildung berücksichtigt werden, die je nach betrieblicher Anforderung und Aufgabenspektrum unterschiedlich sein können.  

  • Vorzugsweise soll es sich hierbei um einen „echten" Kundenauftrag oder im Betrieb zu erledigenden Auftrag handeln.          Es könnte sich auch um einen Auftrag handeln, der von seinem Charakter und fachlichen Anforderungen her einem betrieblichen Auftrag entspricht und sich an betrieblichen Zusammenhängen orientiert.

  • Falls bei einer außerbetrieblichen Ausbildung kein betrieblicher Kooperationspartner zur Verfügung steht, muß der Auftrag diesen Kriterien entsprechen.

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Abb.: Ablaufzyklen der Abschlußprüfung

2. Vorgaben des Auftrages

  • Die Aufgabengestaltung muß so getroffen werden, daß der Prüfungsteilnehmer folgende Qualifikationen nachweisen kann:

  • Arbeitsabläufe und Teilaufgaben zielorientiert unter Beachtung wirtschaftlicher, technischer, organisatorischer und zeitlicher Vorgaben selbständig planen und umsetzen.

  • Material disponieren.

  • Verdrahtungs- und Verbindungstechniken anwenden.

  • Baugruppen der Sensorik und Aktorik einstellen und abgleichen.

  • Fehler und Störungen in elektrischen sowie pneumatischen oder hydraulischen Systemen systematisch feststellen, eingrenzen und beheben.

  • Unter Nutzung von Standardsoftware Prüfprotokolle erstellen.

  • Schaltungsunterlagen sowie andere technische Kommunikationsunterlagen ändern.

  • Diese Vorschrift ist eine „Soll"-Vorschrift, d.h. es darf nur in Ausnahmefällen davon abgewichen werden.

3. Auswahl des betrieblichen Auftrages

  • Der Prüfungsteilnehmer wählt zusammen mit seinen Ausbildern einen betrieblichen Arbeitsauftrag aus, den er in der vorgegebenen Zeit von 20 bis 30 Stunden ausführen und dokumentieren kann.

  • Der Auftrag soll aktuelle Themenstellungen aus dem Betriebsgeschehen aufgreifen und möglichst betriebsspezifische Schwerpunkte abdecken. 

  • Der Auftrag kann auch Teil eines größeren Auftrages sein. 

  • Der zur Prüfung anzumeldende Teil muß dann jedoch für sich allein bewertbar sein.

  • Nicht jeder betriebliche Auftrag ist allerdings als Prüfungsaufgabe geeignet.                                                                      Es sind nur die Aufträge geeignet, aus denen sich konkrete Handlungs und Entscheidungssituationen ergeben, die dem Prüfungsteilnehmer begründete Entscheidungen abverlangen.                                                                                          Wegen der zeitlichen Begrenztheit der Abschlußprüfung wird anstelle der Informationsbeschaffung in der Regel die Auswertung vorgegebener Informationsquellen in Betracht kommen:

  • Betriebsinterne technische Unterlagen

  • Produktinformationen der Hersteller:

  • Datenblätter

  • Kataloge 

  • Benutzerhandbücher 

  • elektronisch gespeicherte Medien 

  • branchenspezifische Computerprogramme 

  • Qualitätsrichtlinien

  • Ein Meister/Teamleiter in der Fachabteilung oder Ausbilder soll den Auftrag betreuen und als Ansprechpartner für den Prüfungsausschuß zur Verfügung stehen.                                                                                                                     Vor allem in Unternehmen des Großanlagen- und Maschinenbaus wird es manchmal nicht leicht sein für eine größere Anzahl Auszubildende geeignete Prüfungsaufgaben innerhalb der Produktion zu finden.                                               Berücksichtigt man den Zeitrahmen von maximal 30 Stunden, einschließlich Anfertigen der Dokumentation, dann ist ersichtlich, daß man nur Teilaufträge innerhalb eines größeren Auftrages (z.B. Aufbau, Justage, Prüfung einer größeren Maschine oder Anlage) in dieser Zeit bewältigen kann.

  • Bei der Auswahl der betrieblichen Aufträge muß berücksichtigt werden, daß der Auftrag Tätigkeiten enthalten muß, die den Qualifikationen der Elektrofachkraft entsprechen, also Tätigkeiten an Stromkreisen im Niederspannungsbereich bis 1000 V, aber über dem Kleinspannungsbereich.                                                                                                                 Beispiele aus dem Anlagen- und Maschinebau:

  • Einbau, Inbetriebnahme und Funktionsprüfung eines Servoantriebes für ein CNC-gesteuertes Transportsystems.

  • Aufbau und Inbetriebnahme einer elektrisch/hydraulisch gesteuerten Werkstückaufnahme.

  • Einbau, Justage (mit Hilfe einer CNC-Steue rung) und Funktionsprüfung eines linearen Wegmeßsystems.

  • Einbau, Justage und Funktionsprüfung eines CNC-gesteuerten Werkstück- oder Werkzeuggreifers in einem Magazinsystem.

  • Aufbau und Funktionsabnahme eines elektrisch/pneumatisch gesteuerten Palettenwechslers.

  • Da dem Prüfungsausschuß der Prüfungsauftrag und eine Zeitplanung zur Genehmigung vorgelegt werden müssen, können spontane Störungen des Produktionsablaufs kaum zum Prüfungsgegenstand werden.                                                   Durch diese Bestimmung entfallen einige für das Berufsbild wesentliche Facharbeiterhandlungen, weil die Fertigungsanlagen für die Dauer des Genehmigungsprozesses nicht außer Betrieb gesetzt bleiben können.

  • In Betracht kommen allerdings Aufgaben im Rahmen der vorbeugenden Instandhaltung sowie die Errichtung, Änderung, Anpassung und Inbetriebnahme von mechatronischen Systemen.

  • Änderungen oder Anpassungen von Produktionsanlagen sind als Prüfungsaufgaben geeignet, wenn sie parallel zur Fertigung, ohne wesentliche Unterbrechungen des Produktionsprozesses, realisiert werden können.

4. Dauer des Auftrages

  • Der betriebliche Auftrag soll in höchstens 30 Stunden bearbeitet werden.

  • Eine Mindestgrenze ist in der Verordnung konkret nicht vorgegeben.

  • Üblicherweise wird als Mindestgrenze 2/3 der Höchstzeit, d. h. 20 Stunden angenommen.

  • Es ist nicht zwingend, daß der Auftrag in einem Zug erledigt wird.

  • Bei der Bearbeitung des Auftrages können zeitliche Lücken entstehen.

  • Beispielsweise können Unterbrechungen durch die Logistik von Komponenten oder durch Betriebsabläufe, Instandsetzung außerhalb der Produktionszeiten, entstehen.

  • Die (ggf. "gesammelten") Bearbeitungszeiten müssen einschließlich der Dokumentationserstellung zwischen 20 und 30 Stunden liegen.

5. Durchführung des Auftrages 

  • Nach der Genehmigung des Auftrages kann mit der Ausführung in dem beantragten terminlichen Rahmen begonnen werden. 

  • Die Aufsicht über die Ausführung des Auftrages wird von der Kammer geregelt. 

  • Zweckmäßigerweise sollte der betriebliche Betreuer auch die Aufsicht im Auftrag der Kammer übernehmen und die ordnungsgemäße Durchführung schriftlich bestätigen. 

  • Durch diese Aufsicht sollen Täuschungsversuche ausgeschlossen werden. 

  • Der Prüfungsausschuß bewertet im wesentlichen die Qualität des Arbeitsprozesses, d.h.

  • die Qualität der Planung,

  • der Informationsauswertung,

  • des Zeitmanagements,

  • des Qualitätsmanagements,

  • der technischen Prüfungen,

  • der Dokumentation.

6. Dokumentation des Auftrages

  • In der vorgegebenen Zeit ist der Auftrag zu bearbeiten und mit praxisbezogenen Unterlagen zu dokumentieren.

  • „Praxisbezogen" heißt in diesem Zusammenhang, daß die Unterlagen so gestaltet werden, wie es in der Praxis des Betriebes üblich ist oder dieser Praxis möglichst nahe kommt.

  • Gegebenenfalls müssen Unterlagen erstellt werden, die umfangreicher oder aussagekräftiger sind als in der Praxis üblich, um eine Beurteilung der Arbeitsergebnisse des Prüfungsteilnehmers zu ermöglichen.

  • Die Dokumentation muß die geistigen Leistungen des Prüfungsteilnehmers belegen. 

  • Die Dokumentation von Arbeitsergebnissen ist wichtig, damit die Arbeitsergebnisse des Prüfungsteilnehmers für den Prüfungsausschuß nachvollziehbar sind:

  • Welche Änderungen wurden an der Maschine bzw. Anlage durchgeführt?

  • Welche Wartungsarbeiten bzw. vorbeugenden Wartungsarbeiten wurden durchgeführt?

  • Welche Sicherheitseinrichtungen wurden überprüft?

  • Welche Programmanpassungen bzw. Programmkonfigurationen wurden durchgeführt?

  • Wie groß sind die in der Fertigung erreichbaren Toleranzen?

  • Der organisatorischen Struktur der Abschlußprüfung entsprechend sollen die Arbeitsergebnisse in Form von

  • Konstruktionsskizzen, 

  • Arbeitsplänen, 

  • Schaltplänen, 

  • Meßprotokollen dokumentiert werden.

  • Ein wichtiger Bestandteil der Dokumentation ist ein Arbeitsbericht, aus dem die tatsächlichen Arbeitsabläufe und Arbeitszeiten hervorgehen. 

  • Die Dokumentation sollte wie folgt aufgebaut sein:

  • Deckblatt:

  • Titel des betrieblichen Auftrages,

  • Name, Adresse und Berufsbezeichnung des Prüfungsteilnehmers,

  • Name und Adresse des Betriebes

  • Name und Tel-Nr. des Auftragsbetreuers,

  • Datum und Unterschrift des Prüfungsteilnehmers und des Betreuers;

  • Inhaltsverzeichnis:

  • Beschreibung des Auftrages. In dieser Auftragsbeschreibung sollen der Ausgangszustand und der angestrebte Zielzustand enthalten sein sowie Beschreibung der wirtschaftlichen, technischen, organisatorischen und zeitlichen Vorgaben.

  • Arbeitsbericht über die Aufgabendurchführung mit Arbeitsabläufen, Teilaufgaben und Arbeitszeiten, sowie dem erreichten Ergebnis.

  • Stücklisten, Materialscheine oder anderen Dispositionsunterlagen.

  • Vom Prüfungsteilnehmer bearbeitete technische Unterlagen, wie Zeichnungen, Schaltpläne, Ablaufdiagramme.

  • Meß- und Prüfprotokolle, Abnahmeprotokolle.

  • Zusammenfassung, Resümee.

  • Quellenverzeichnis, Literaturhinweise, Abkürzungsverzeichnis.

  • Ehrenwörtliche Erklärung des Prüfungsteilnehmers und Ausbildungsbetreuers, daß der Prüfungsteilnehmer den Auftrag selbständig ausgeführt hat.

7. Bewertung des betrieblichen Auftrages

  • Für die Durchführung der Prüfung werden in den Umsetzungshilfen drei zentrale Instrumente vorgeschlagen:

  • Bewertungsmatrix „Betrieblicher Auftrag" für die Auswahl/ Genehmigung eines betrieblichen Auftrages.

  • Bewertungsmatrix „Dokumentation" für die Bewertung der Dokumentation des betrieblichen Auftrages.

  • Bewertungsmatrix „Fachgespräch" für die Vorbereitung und Bewertung des Fachgespräches über den betrieblichen Auftrag.

  • Der Prüfungsausschuß soll das Ergebnis der Bearbeitung des Auftrages beurteilen.

  • § 8 der Ausbildungsverordnung regelt die materiellen Prüfungsanforderungen, jedoch nicht die Verfahrensvorschriften.

  • Das „wie" ist in Ausbildungsordnungen nicht geregelt. 

  • So ist in der Ausbildungsordnung nicht geregelt, wie sich ein Prüfungsausschuß Kenntnis über eine bestimmte Prüfungsleistung verschafft. 

  • Es liegt im Ermessen des Prüfungsausschusses der Kammern, ob er in einen Betrieb geht, um das Ergebnis des betrieblichen Auftrages zu bewerten oder sich bei der Bewertung nur auf die Dokumentation und das Fachgespräch stützt. 

  • Es liegt auch im Ermessen des Prüfungsausschusses,ob er sich hinsichtlich eines Auftrages von betrieblichen Experten beraten läßt. 

  • Bei der Genehmigung des Auftrages kann der Prüfungsausschuß Auflagen erteilen, damit die Dokumentation genügend aussagekräftig gestaltet wird und damit eine Bewertung vorgenommen werden kann. 

  • Es besteht kein Grund, daß der Prüfungsausschuß die Ausführung des Auftrages überwacht, es ist lediglich die Aufsicht zu regeln {§ 16 MPO}.

  • Es ist das Ergebnis der Bearbeitung des Auftrages sowie die Dokumentation des Auftrages zu bewerten.
  • In der Verordnung sind zur Bewertung folgende Kriterien genannt:

  • Arbeitsabläufe und Teilaufgaben zielorientiert unter Beachtung wirtschaftlicher, technischer, organisatorischer und zeitlicher Vorgaben selbständig planen und umsetzen,

  • Material disponieren,

  • Verdrahtungs- und Verbindungstechniken anwenden,

  • Baugruppen der Sensorik und Aktorik einstellen und abgleichen,

  • Fehler und Störungen in elektrischen sowie pneumatischen oder hydraulischen Systemen systematisch feststellen, eingrenzen und beheben,

  • unter Nutzung von Standardsoftware Prüfprotokolle erstellen,

  • Schaltungsunterlagen sowie andere technische Kommunikationsunterlagen ändern.

8. Durchführung des Fachgespräches

  • Thematisch ist es festgelegt auf den durchgeführten betrieblichen Auftrag. 

  • Durch das Fachgespräch soll der Prüfungsteilnehmer nachweisen, daß er

  • Fachbezogene Probleme und deren Lösung darstellen,

  • die für den Auftrag relevanten fachlichen Hintergründe aufzeigen,

  • die Vorgehensweise bei der Ausführung des Auftrages begründen kann.

  • Vorbereitung des Fachgespräches

  • Der Prüfungsausschuß arbeitet sich in die Dokumentation ein, bei Bedarf unter Hinzuziehung des betrieblichen Betreuers.

  • Durchführen des Fachgespräches

  • in höchstens 30 Minuten.

  • Ablauf des Fachgespräches:

  • Begrüßung.

  • Vorstellen des Auftrages durch den Prüfungsteilnehmer:

  • Ausgangszustand, angestrebtes und erreichtes Ziel.

  • Arbeitsschritte.

  • Erläuterung der Abweichungen von dem beantragten Auftrag und Zeitplanung.

  • Durch den Vortrag soll der Prüfungsteilnehmer zeigen, daß er fachbezogene Probleme und deren Lösungen darstellen kann.

  • Dauer ca. 5 bis 10 min.

  • Erörterung des fachlichen Hintergrundes und der Vorgehensweise:

  • Der Prüfungsausschuß kann beispielsweise nachfragen, welche nicht vorhergesehenen Schwierigkeiten auftraten, warum die gegebenen Ziele nicht erreicht wurden oder der Zeitplan nicht eingehalten werden konnte.

  • Der Prüfungsausschuß kann, um sich den fachlichen Hintergrund verdeutlichen zu lassen, dem Prüfungsteilnehmer alternative Lösungsschritte vorgeschlagen: „Warum haben Sie sich nicht für folgende Lösung entschieden"?                                                                                                                          Der Prüfungsteilnehmer soll dann aus diesem Angebot eine begründete Auswahl treffen.

  • Der Prüfungsausschuß könnte auch eine andere Rahmenbedingung vorgeben und nach der Vorgehensweise fragen: „Wie würden Sie vorgehen, wenn ..."?.

  • Dauer ca. 15 bis 20 min.