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Daniel Kalteis

"Der gute Mensch soll sich hüten vor den Mathematikern und allen denen, die leere Vorhersagungen zu machen pflegen, schon gar dann, wenn diese Vorhersagungen zutreffen. Es besteht nämlich die Gefahr, daß die Mathematiker mit dem Teufel im Bunde den Geist trüben und den Menschen in die Bande der Hölle verstricken"

(Bischof Augustinus 354 - 430)

Geschichte der Computer

Die Informatik ist untrennbar mit der Entwicklung rechnender Systeme und Maschinen verbunden. Heute arbeiten diese Systeme fast ausschließlich auf der Basis einer zweiwertigen Logik, aber historisch begann die Entwicklung anders:  

Das Zählen ist - neben der Sprache - eine der ersten Fähigkeiten, die dem Menschen half, seine Umwelt bewußt wahrzunehmen. Wann der Mensch begann, mit Zahlen und Zahlsystemen zu arbeiten, liegt im Dunkel der Geschichte verborgen. Über Jahrtausende hinweg zählte und rechnete der Mensch mit den einfachsten Mitteln, die ihm zur Verfügung standen - mit seinen Fingern: 

Bei den Eipo beispielsweise, einer Kultur im zentralen Hochland von Neuguinea, beginnt noch heute der Zählprozeß beim linken kleinen Finger, der die Eins repräsentiert, führt über die anderen Finger der linken Hand weiter, über Punkte des linken Armes bis zum Scheitel und von dort, in symmetrischer Entsprechung, über die rechte Körperhälfte wieder hinunter, bis schließlich zum rechten kleinen Finger, der die Zahl 25 repräsentiert:

Zahlenvorstellungen wurden nachweislich schon in der Jungsteinzeit entwickelt und waren vermutlich sowohl kultischen als auch rein praktischen Ursprungs.

Viele Zahlensysteme beruhen auf einer natürlichen Gliederung, die sich durch die fünf Finger einer Hand, die 10 Finger beider Hände, oder die insgesamt 20 Finger und Zehen ergeben. Die 5er Stufung fand sich bei Griechen, Mayas und Chinesen. Die 10er Stufung bei Ägyptern, Sumerern und Babyloniern. Inder und Mayas hatten eine 20er Stufung in ihrem Zahlensystem. Das englische Pfund Sterling mit seinen 20 Schillingen, sowie das französische Wort für 80 quatre-vingt (4 mal 20) und eine ähnliche Form im Dänischen, zeigen Auswirkungen dieses Systems bis in unsere Zeit.

Das Fingerrechnen erfreute sich auch in Rom großer Beliebtheit und wurde von hier in alle Welt verbreitet. Mit insgesamt 40 Fingerstellungen konnten die Zahlen bis 200.000 dargestellt, addiert und subtrahiert werden. Auch das Wort "Digital" hat damit zu tun, denn es stammt vom lateinischen Wort "digitus" (Finger) ab.

Ein Problem, das mit den Fingern allerdings nur sehr schwer gelöst werden konnte, ist die Darstellung "großer" Zahlen. Zehn Finger reichen nicht ohne weiteres aus, um Zahlen die größer sind als zehn, unmißverständlich darzustellen. 

In Mikronesien trafen Forschungsreisende noch im 18. Jahrhundert auf Indianerstämme, bei denen es üblich war, nur bis drei zu zählen. Alles was mehr war, bezeichnete man als "viel". Einmal weigerte sich ein Indianer, die Zahlenangabe "100 Schweine" zu akzeptieren - mit der Begründung, hundert Schweine gäbe es gar nicht.

Als Zähl- und Rechenhilfen wurden daher 30000 v. Chr. Steine, Perlen, Striche, Knoten oder Kerbhölzer verwendet:

Kerbholz: Vieh, Sklaven usw., wurden durch die gleiche Anzahl Kerben im gleichnamigen Kerbholz repräsentiert. Der Länge nach gespalten, war dies gleichzeitig ein Beleg für die Vertragspartner. Eine nachträgliche Manipulation war somit unmöglich. Jemand, der "etwas auf dem Kerbholz hatte", konnte damals durchaus eine angesehene Person gewesen sein. 

Im südlichen Mesopotamien, im Gebiet des heutigen Irak, entstanden 3200 v. Chr. die ersten Schriftsysteme. Die meisten von ihnen wurden im Gebiet der antiken Stadt Uruk ausgegraben. Aus den ersten 200 Jahren Schriftentwicklung stammen etwa 6.000 Fragmente von Tontafeln mit Wirtschaftsaufzeichnungen. Was diese Aufzeichnungen für uns interessant machen, ist die Tatsache, daß es sich um präzise numerische Daten handelt. Es waren einfache, gegenständliche Abbildungen auf Tontafeln, um Warenbestände, Lieferungen und Geschäfte zu dokumentieren: 

         

Ein schriftlich festgehaltenes Zahlensystem wurde erstmals mit einer Tontafel aus Uruk (3000 v. Chr.) überliefert. Sie enthält Aufzeichnungen über Tiere und Getreide im gemischten Zehner-Sechziger-System. 

Bekannt ist ein in ägyptischen Hieroglyphen verfaßter Bericht von einem Feldzug, etwa aus dem Jahre 3300 v. Chr., in dem von 120.000 Gefangenen, 400.000 Rindern und 422.000 erbeuteten Ziegen die Rede ist.

Allerdings gab es noch keinen abstrakten Zahlbegriff. Auch in Ägypten, China oder indianischen Kulturen entstanden Schriftsysteme. Später wurden die bildhaften Zeichen abstrakter und stilisierter. 

Die Inkas beispielsweise, setzten "Quotas" ein. Das waren nebeneinanderliegende Fäden mit bestimmten Knoten, rechts- oder links geknotet und einer den Zahlen entsprechenden Anzahl von Knoten pro Faden. 

2630 v. Chr. wurden in China Staubbrettchen zum Linienrechnen benutzt. 

Dies waren handliche, muldenförmige, mit Staub bedeckte Tabletts, in die Linien geritzt wurden, um dann mit kleinen Zählsteinen zu rechnen.

Um 3000 - 2000 v. Chr. entstanden in Mesopotamien abstrakte Zahlbegriffe in Form eines Sexagesimalsystems auf der Basiszahl 60. 

Dies wird heute noch, zum Beispiel bei der Stunde mit 60 Minuten oder der Minute mit 60 Sekunden, verwendet: 

      

Vermutlich aus praktischen Erwägungen zur Behandlung von Fragen der Astronomie, der Baukunst und der Landvermessung, hatten sich schon Babylonier und Ägypter mit Problemen aus der Zahlentheorie beschäftigt.

Aus dem alten Mesopotamien sind solche Anwendungen durch die Babylonier, ab 3000 v. Chr., auf Verwaltungsdokumenten in Keilschrift (Hieroglyphen) dokumentiert. 

Das verwendete Zahlensystem hatte die Basis 60. Die, wegen des Fehlens eines Zeichens für die Null, unvollkommene Stellenwertschreibung scheint die älteste zu sein. 

2000 v. Chr. entwickelte sich eine erste abstrakte Mathematik.

In Mesopotamien wurde nun auch das Zehnersystem verwendet. Es gab Listen von Reziproken, Multiplikationstafeln und Tafeln von Quadraten. Es wurden Zins und Zinseszinsrechnung, Fragen des Bauwesens, des Transportes, sowie Erbteilungen behandelt. Lineare Gleichungen mit 1, 2, 3 Unbekannten, quadratische und biquadratische Gleichungen wurden studiert.

Auf Kreta läßt sich ein echtes Schriftsystem nachweisen, da es Bilder und Zeichen in streng geregelter Abfolge zeigt. Die Schreibmaterialien waren Siegel und Tontafeln.

Die ägyptische Mathematik verwendete ebenfalls ein Zehnersystem. Jede Zehnerpotenz bis 106 hatte ein eigenes Hieroglyphenzeichen. Damit wurden Abrechnungen, Bauskizzen, oder kalendarische Berechnungen dargestellt.

Die Babylonier entdeckten 1800 v. Chr. die Lehrsätze für rechtwinklige Dreiecke und ähnliche geometrische Prinzipien: 

    

(zum Vergrößern anklicken)

Als eine ihrer Meisterleistungen gilt die Approximation der Wurzel aus 2 bis zur vierten Stelle hinter dem Komma: 

Übersetzt sind hier die Zahlen 1, 24, 51 und 10 aufgeschrieben. Man kann davon ausgehen, daß hiermit die Länge der Diagonale gemeint ist. Geht man weiterhin davon aus, daß es sich um ein Quadrat der Seitenlänge 1 handelt, so muß die Zahlendarstellung interpretiert werden, denn es gab bei den Babyloniern kein Komma. Die Diagonale muß aber (und das wußten sicher auch die Babylonier) eine Zahl zwischen 1 und 2 sein. Das Verhältnis der Seiten eines rechtwinkligen Dreieckes wird im Sexagesimalsystem mit 1+24/60+51/3600+10/216000 = 1:1,414212963 angegeben (siehe Abbildung) und entspricht  damit sehr genau dem tatsächlichen Wert der Wurzel aus 2. 

Es zeigt, daß der Lehrsatz des Pythagoras bereits lange vor dessen Wirken bekannt war.

Die ältesten schriftlichen Rechenaufgaben wurden 1700 v. Chr. von A'h-mose auf dem Papyrus Rhind niedergeschrieben (und 1858 in Luxor von dem Schotten A. H. Rhind gefunden):

  

Viel von der Mathematik der Ägypter, kennt man aus zwei ausgegrabenen Papyrus-Rollen, dem Papyrus RHIND und dem Papyrus MOSKAU. Sie stammen etwa aus der 13./14. Dynastie, etwa 2000 bis 1700 vor unserer Zeitrechnung. 

Der Papyrus MOSKAU heißt nach seinem Aufbewahrungsort, dem Museum der Schönen Künste in Moskau. 

Der Papyrus RHIND ist nach seinem ersten Besitzer Alexander Henry RHIND benannt und wird im Britischen Museum aufbewahrt. Der Papyrus ist 5,5 m lang, 0,32 m breit und ist die Abschrift eines Textes, der zur Zeit der Hyksos angefertigt wurde. Er enthält Brüche-Tafeln und 87 mathematische Problemstellungen in Form von Textaufgaben.

Der Papyrus RHIND besitzt einen richtigen Buchtitel: "Genaues Rechnen. Einführung in die Kenntnis aller existierenden Gegenstände und aller dunklen Geheimnisse." Der Schreiber A'h-mose, der den Papyrus von einer noch älteren Vorlage abgeschrieben hat, ist somit wahrscheinlich der älteste, namentlich bekannte, Rechenmeister:

Die Zahl 1 wird durch einen Strich symbolisiert, die Zahl 10 durch ein Hufeisen, die 100 durch eine stilisierte Meßleine, die 1.000 durch das Symbol einer Lotusblume. Für die 10.000 war ein Schilfkolben ausgewählt worden,  für die 100.000 der Frosch, der damals eine Plage war und für die Million hatte man ein Symbol ausgewählt, welches den Gott HEH darstellen sollte.

Etwa 1100 v. Chr. wurde der Suan-Pan-Abakus von den Chinesen verwendet. 

Auch entstand in China das erste Buch: Beschriftete Holzzeichen wurden mit Bambus gebunden. So war Information kompakter und transportabler. 

Der Kaufmann Thales von Milet, 600 v. Chr., gilt als wichtigster Vorläufer der wissenschaftlichen Mathematik. 

Thales begann als erster, Mathematik nicht nur als eine Art Sammlung von Kochrezepten, sondern als eine systematisch geordnete Wissenschaft zu betreiben, wenngleich er dieses Konzept noch nicht vollständig umsetzte. 

Es ist kein Zufall, daß jener Thales auch als der erste Philosoph gesehen wird, vielmehr zeigt es, daß sich die Griechen, im Unterschied zu den Babyloniern und Ägyptern, nicht mehr aus hauptsächlich praktischem, sondern aus philosophischem Interesse mit Mathematik beschäftigten. 

Die wesentliche Neuerung, gegenüber allen anderen vor ihm, ist, daß Thales erstmals Voraussetzungen und Sätze formulierte, vor allem aber, daß er auch nach Beweisen für seine Behauptungen suchte. Dabei ließ er sich jedoch nach wie vor von der Anschauung leiten, weshalb er "lediglich" als Vorläufer der mathematischen Wissenschaft gilt. 

Endgültig zur Wissenschaft wurde die Mathematik 600 v. Chr. durch Pythagoras von Samos, einem Schüler des Thales.

Pythagoras: "Alles ist Zahl".

Die große Errungenschaft des Pythagoras war einerseits das Streben nach Allgemeingültigkeit und andererseits das Suchen nach Begründungen (Beweisen). Seine Vorgehensweise war die der Deduktion, die seither ein essentieller Bestandteil der Mathematik ist.

Die Pythagoräer suchten die Lösungen metaphysischer Probleme mit Hilfe der Mathematik. Der pythagoreische Bund war gegen Ende 600 v. Chr. in Städten Großgriechenlands als eine religiöse-politische Genossenschaft hervorgetreten. Gegründet von Pythagoras, machte dieser die Stadt Kroton zum Ausgangspunkt eines Reformationsversuches, dessen Ziel eine Läuterung des sittlichen und religiösen Lebens sein sollte. Den Mitgliedern des Bundes  war die gemeinsame Beschäftigung mit Musik und Mathematik auferlegt. Die Besonderheit der mystischen Vorstellungen der Pythagoräer bestand in der Ansicht, daß es auf dem Weg zum Transzendenten notwendig sei, sich mit den Geheimnissen der Zahlen zu beschäftigen. Als Zahlen wurden nur die ganzen positiven Zahlen anerkannt.

500 v. Chr. wurde das dezimale Zahlensystem in Arabien begründet.

Aus dem indisch-arabischen Sprachraum stammt das Positionssystem (auch Stellenwertsystem, Dezimalsystem), das wir heute benutzen. Zum einen läßt sich mit ihm schriftlich rechnen, so daß auch kompliziertere Berechnungen von einfachen Rechenkundigen ausgeführt werden konnten, zum anderen ist es relativ fälschungssicher. Die Anfänge der heutigen Zahlen stammen wahrscheinlich von der Brahmi-Schrift ab und gelangten über die Inder, um das Jahr 650 v. Chr., nach Mesopotamien. 662 v. Chr. wurden sie vom syrischen Gelehrten Severus Sebakt in einem Kloster am Euphrat erwähnt. 

Platon, machte die Mathematik 450 v. Chr. zu einer der Hauptsäulen der Bildung in seiner Akademie: 

Seiner Meinung nach, eignete sich die Mathematik besonders zur Schulung des Geistes für die  Philosophie. Die Welt der mathematischen Gegenstände sei eine Vorstufe zur Welt der Ideen, dementsprechend stelle die Beschäftigung mit der Mathematik einen entscheidenden Schritt von der "Welt der Schatten", in Richtung der "Welt der Ideen" dar. Insofern seien die mathematischen Objekte keine Konstruktionen des menschlichen Geistes, sondern (immaterielle) Gegebenheiten, die von den Menschen erforscht werden (müssen).

Herodot beschrieb im gleichen Zeitraum das Rechnen mit Steinen. 

Etwa 400 v. Chr. wurde die Salamische Rechentafel oder "abakion" zum Rechnen benutzt. Es ist das älteste erhaltene Rechenbrett: 


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